Was sind Replikationsmethoden?

Welche verschiedenen Arten der Replikation kommen bei ETFs zum Einsatz und welche sollte man für seine Investition wählen? Dieser Artikel gibt Antworten auf diese und andere Fragen.

Das Wichtigste in Kürze

  • ETF-Anbieter verwenden verschiedene Methoden, um die Wertentwicklung eines Index nachzubilden.
  • Diese sogenannten Replikationsmethoden bestimmen, wie genau ein ETF seinen Index nachbildet.
  • Die Nachbildung kann physisch, synthetisch oder hybrid erfolgen. Jede Methode hat ihre eigenen Merkmale und Auswirkungen auf die Anlage.

1. Grundlagen

Börsengehandelte Indexfonds (ETFs) sind einfache und in der Regel sehr kosteneffiziente Kapitalmarktprodukte. Anstelle eines traditionellen aktiven Fondsmanagers, der detaillierte Analysen durchführt und einzelne Wertpapiere auswählt, versuchen ETFs, ihren vordefinierten Index zu imitieren und dessen Wertentwicklung so genau wie möglich nachzubilden. Der Index gibt die Regeln vor, nach denen die Wertpapiere ausgewählt und gewichtet werden.

Die Technik, die ein ETF verwendet, um die Wertentwicklung des zugrunde liegenden Index nachzubilden, nennt sich Replikationsmethode. Es gibt zwei grundlegende Arten von Replikationsmethoden und eine Kombination aus beiden: physisch, synthetisch und hybrid. Die gewählte Methode wirkt sich unter anderem darauf aus, wie genau der ETF den Index nachbildet (Tracking Error) und um wie viel der ETF im Vergleich zu seinem Index im Laufe der Zeit unter- oder überdurchschnittlich abschneidet (Tracking Difference). Das Verständnis der Unterschiede bei den Replikationsmethoden kann Anlegenden helfen, den effizientesten ETF für ihre Bedürfnisse auszuwählen und dabei ihre Anlageziele und Risikotoleranz zu berücksichtigen.

2. Physische Replikation

Bei der physischen Replikation bildet der ETF die Wertentwicklung eines Index nach, indem die im Index enthaltenen Wertpapiere direkt gekauft werden. Dieser Ansatz wird von der Mehrzahl der ETFs auf dem Markt verwendet. Die physische Replikation kann entweder durch eine vollständige Replikation oder durch einen Sampling-Ansatz umgesetzt werden.

Vollständige Replikation

Bei der vollständigen Replikation hält ein börsengehandelter Indexfonds jedes im Index enthaltene Wertpapier in genau denselben Anteilen wie der Index. Diese Methode wird bei Indizes bevorzugt, die nur eine geringe Zahl von Wertpapieren oder sehr liquide und leicht zugängliche Titel enthalten.

Sampling

Sampling wird eingesetzt, wenn eine vollständige Nachbildung nicht praktikabel ist, beispielsweise aufgrund der geringeren Größe oder Liquidität der zugrunde liegenden Wertpapiere im Index. Anstatt jedes Wertpapier direkt zu halten, hält der ETF eine repräsentative Untergruppe von Wertpapieren, die die Performance des Index statistisch nachbildet.

Dieser Ansatz wird häufig verwendet, insbesondere bei Anleihen-ETFs und sogenannten Small-Cap-ETFs, die Anteile von Unternehmen mit geringem Börsenwert halten. Der Emittent des ETF ist dafür verantwortlich, die richtigen Wertpapiere in den ETF aufzunehmen. In der Regel werden die Top-Positionen des Index direkt mit der gleichen Gewichtung wie im Index nachgebildet. Die kleineren Indexbestandteile werden dann anhand von Liquiditätskriterien und Wertpapiermerkmalen gefiltert.

Die Anlegenden können beim Sampling von niedrigeren Handelskosten innerhalb des ETF profitieren, während sie ungefähr die gleiche Performance wie der Index erhalten. Obwohl es Unterschiede zwischen der Zusammensetzung des ETF und dem zugrunde liegenden Index gibt, sind die Auswirkungen auf die Gesamtperformance in der Regel sehr gering.

Chancen physischer Replikation

Hohe Transparenz – Die Anlegenden können klar erkennen, welche Wertpapiere im ETF enthalten sind. Diese Transparenz schafft Vertrauen und ermöglicht eine unkomplizierte Analyse der Wertentwicklung.

Genaue Nachbildung – Die physische Replikation ist für ihre hohe Genauigkeit bei der Indexnachbildung bekannt. Da dieselben Wertpapiere in denselben Anteilen gehalten werden, entspricht die Wertentwicklung des ETF genau derjenigen des Index.

Direktes Eigentum – Die physische Nachbildung vermeidet das sogenannte Kontrahentenrisiko, da die Wertpapiere direkt gehalten werden. Mehr dazu unter 3.

Stimmrechte für Aktien – Da der ETF direktes Eigentum an den Wertpapieren hat, können Aktienstimmrechte beispielsweise auf der Jahreshauptversammlung ausgeübt werden.

Risiken physischer Replikation

Höhere Kosten – Die Kosten, die mit dem Kauf und der Verwaltung einer großen Anzahl von einzelnen Wertpapieren verbunden sind, können erheblich sein. Dazu gehören Transaktionskosten, Verwahrungsgebühren und potenzielle Finanztransaktionssteuern. ETFs, die den Sampling-Ansatz verwenden, versuchen, diese Kosten zu reduzieren.

Liquiditätsengpässe – Große Transaktionen, die zur Nachbildung des Index erforderlich sind, können die Marktpreise der zugrunde liegenden Wertpapiere beeinflussen, insbesondere bei kleineren Unternehmen oder Emissionen. Bei Indizes mit wenig liquiden Wertpapieren kann eine vollständige Replikation sehr teuer oder sogar unmöglich werden.

Komplexe Verwaltung – Die Verwaltung eines Portfolios mit zahlreichen Wertpapieren kann komplex sein, insbesondere bei der Nachbildung breit angelegter globaler Indizes mit Small-Cap-Ausrichtung. Dies kann zu operativen Herausforderungen und erhöhten Verwaltungskosten führen.

3. Synthetische Replikation

Die synthetische Replikation ist eine indirekte Methode zur Nachbildung der Indexperformance. Anstatt Wertpapiere oder Vermögenswerte direkt zu kaufen, verwendet der ETF Finanzderivate wie Swaps oder Futures.

Der ETF-Anbieter schließt eine Swap-Vereinbarung mit einer großen Investmentbank ab. Die Investmentbank garantiert, die Indexperformance einschließlich der Ausschüttungen wie Dividenden oder Zinszahlungen direkt an den ETF zu liefern. Das bedeutet, dass der börsengehandelte Indexfonds nicht unbedingt die physischen Wertpapiere des Index enthält, aber dennoch seine Rendite erzielen kann. Dies spart Transaktionskosten für die Anlegenden.

Die synthetische Nachbildung birgt jedoch ein sogenanntes Kontrahentenrisiko: Im unwahrscheinlichen Fall einer Insolvenz der Investmentbank kann diese nicht mehr die Indexperformance an den ETF liefern. Um ETF-Anlegende zu schützen, hat die EU sehr strenge Anforderungen an regulierte Swap-ETFs gestellt. Sie müssen beispielsweise über einen Sicherheitskorb von Wertpapieren verfügen, um sich gegen solche negativen Ereignisse zu schützen. Der Sicherheitenkorb wird von der Investmentbank an den ETF geliefert. Der Umfang des Korbs muss laut Gesetz mindestens 90 % des Nettoinventarwerts des ETF (der kumulierte Wert aller Wertpapiere) betragen und täglich überwacht werden. In vielen Fällen sind die individuellen Swap-Vereinbarungen zwischen ETF-Emittenten und Investmentbanken noch strenger. Diese hohen Anforderungen und die genaue Überwachung der Sicherheiten durch den ETF-Emittenten sorgen dafür, dass Swap-ETFs als ebenso sicher gelten wie physische ETFs.

Chancen synthetischer Replikation

Kosteneffizienz – Die synthetische Nachbildung senkt häufig die Transaktions- und Verwaltungskosten, da sie nicht den tatsächlichen Kauf der zugrunde liegenden Wertpapiere erfordert. Dies kann zu besseren Renditen führen.

Steuereffizienz – In einigen Fällen zahlen synthetische ETFs weniger Steuern als physische ETFs. Dies kann zu einer strukturellen Outperformance führen.

Zugang zu schwer zugänglichen Märkten – Diese Methode ermöglicht Zugang zu Märkten oder Anlageklassen, bei denen eine physische Replikation schwierig oder kostspielig ist, wie z. B. Rohstoffe.

Effiziente Nachbildung – Synthetische ETFs können aufgrund der Natur von Derivaten, die die Indexrenditen genau nachbilden können (geringerer Tracking Error), eine sehr genaue Nachbildung ihrer Indizes bieten.

Risiken synthetischer Replikation

Kontrahentenrisiko – Wenn das Finanzinstitut, das den Swap bereitstellt, ausfällt, erhält der ETF möglicherweise nicht die volle versprochene Indexperformance. Individuelle Swap-Vereinbarungen und eine aktive Verwaltung des Sicherheitenkorbs verringern solche Risiken.

Geringere Transparenz – Anlegende haben weniger Einblick in die Vermögenswerte des ETF, da sie nur den Sicherheitenkorb als ETF-Bestand sehen und nicht die zugrunde liegende Swap-Vereinbarung.

Swap-KostenObwohl sie oft niedriger sind als die Kosten für die physische Nachbildung, können die mit Swap-Vereinbarungen verbundenen Gebühren die Gesamtrendite des ETF beeinträchtigen, insbesondere wenn sich die Marktbedingungen ungünstig verändern.

4. Hybride Replikation

Hybride Replikation ist eine Methode, die sowohl Elemente der physischen als auch der synthetischen Replikation kombiniert, um der Wertentwicklung eines Index zu folgen. Dieser Ansatz ermöglicht es ETF-Anbietern, die Vorteile beider Methoden zu nutzen und gleichzeitig einige ihrer jeweiligen Nachteile zu mindern. Hybrid replizierende ETFs halten einen Teil der Wertpapiere des Index für bestimmte Exposures direkt und verwenden Derivate wie Swaps für andere. Das ermöglicht es dem ETF, für jedes Exposure individuell und flexibel die beste Replikationsmethode auszuwählen, was zu optimierten Kosten und maximaler Effizienz führen kann.

Beispiel

Ein hybrid replizierender ETF, der darauf abzielt, den Weltindex MSCI ACWI nachzubilden, kann je nach Region die Vorteile der physischen und synthetischen Replikation zum Einsatz bringen. Für US- und China-A-Aktien kann der ETF beispielsweise einen Total-Return-Swap nutzen, da die Quellensteuer auf Dividenden von US-Unternehmen somit auf 0 % sinkt. Chinesische A-Aktien wiederum könnten von der anhaltenden strukturellen Dislokation im Markt profitieren. Andere Weltgegenden werden physisch repliziert, da die physische Replikation für diese Regionen effizienter ist und die sogenannte Wertpapierleihe sogar zu einer erhöhten Wertentwicklung führen kann. Dabei werden vom ETF gehaltene Wertpapiere gegen Gebühr verliehen. Insgesamt haben hybride ETFs so die Möglichkeit, den replizierten Index sogar zu übertreffen.

Chancen hybrider Replikation

Ausgewogener Ansatz – Durch die Kombination von physischen und synthetischen Methoden kann die hybride Replikation einen Kompromiss zwischen Transparenz und Performancetracking bieten. Wenn sich die Marktbedingungen ändern, kann die Replikationsstrategie außerdem flexibel angepasst werden.

Kosteneffizienz und Tracking-Genauigkeit – Die hybride Replikation kann die Transaktionskosten im Vergleich zur vollständigen physischen Replikation potenziell senken, insbesondere in teuren oder illiquiden Märkten. Der Einsatz von Derivaten kann die Tracking-Genauigkeit des ETF verbessern und sicherstellen, dass er die Indexperformance genau verfolgt, auch wenn nicht alle Wertpapiere physisch gehalten werden.

Risikominderung – Das Halten einiger physischer Wertpapiere reduziert das Kontrahentenrisiko im Vergleich zu einem vollständig synthetischen ETF, während der Einsatz von Swaps die Gesamtkosten senken und die Liquidität verbessern kann.

Risiken hybrider Replikation

Erhöhte Komplexität – Die Verwaltung eines hybriden Portfolios kann komplexer sein als die Verwendung einer einzelnen Replikationsmethode. Das Gleichgewicht zwischen den physischen und synthetischen Komponenten erfordert eine ausgeklügelte Risiko- und Betriebsmanagementstrategie.

Transparenzprobleme – Obwohl hybride ETFs transparenter sind als vollständig synthetische ETFs, kann der hybride Ansatz dennoch Teile des Portfolios verschleiern, was ihn weniger transparent macht als die vollständige physische Replikation.

Kontrahentenrisiko – Das Kontrahentenrisiko des synthetischen Teils des ETF ist zwar gemindert, aber dennoch vorhanden.


Author-Markus-Kirchler

Markus Kirchler

Markus ist Senior Analyst im Capital Markets Team. Seine Themenschwerpunkte sind Portfolioverwaltung und ETP-Handel. Er hat einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften von der Freien Universität Bozen.