Edition #211 | 10.01.2025
Cerence | Märkte und Makro | Christian W. Röhl | Private Equity | Chart der Woche | ETFs im Fokus
Die Wirtschaft und die Märkte haben in der vergangenen Woche mit Stopps leben müssen: Einerseits der DAX, der es wegen der Sorgen um US-Importzölle nicht ganz aufs Allzeithoch geschafft hat. Andererseits die KI-Branche, die direkt zu spüren bekommen hat, dass Nvidia-CEO Jensen Huang ein wenig Realismus angeordnet hat. Einen echten Start legen wir hingegen hin: Mit dem neuen Scalable-Podcast „Asset Class – über Wachstum und Werte“, in dem unser Chief Economist Christian W. Röhl der Zuhörerschaft die Welt der Wirtschaft und Finanzen näherbringt.
Cerence ist ein Tech-Unternehmen von der US-Ostküste und bereits seit über 25 Jahren als IT-Dienstleister in der Automobil- und Transportbranche tätig. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren die Wandlung zum Spezialisten für künstliche Intelligenz (KI) vollzogen und konnte so in der jüngeren Vergangenheit als Zulieferer mit großen Autoherstellern wie Toyota, Volkswagen oder Mercedes-Benz zusammenarbeiten. Cerence hat sich zuletzt besonders auf die stimmengesteuerte Interaktion mit Fahrzeugen spezialisiert. Gleich zu Beginn dieses Jahres konnte man eine weitere Partnerschaft mit JLR (Jaguar Landrover) verkünden, hinter denen die indische Tata Group steht.
Das waren aber nur die kleineren News: Kurz darauf hat CEO Brian Krzanich eine Partnerschaft mit dem US-KI-Giganten Nvidia bekannt gegeben. Diese sieht vor, dass Nvidia dem Unternehmen aus dem Speckgürtel Bostons die Möglichkeit gibt, die neue CaLLM-Technologie auf einer Software-Plattform namens Nvidia AI Enterprise zu entwickeln. Der Börsenwert von Cerence verdoppelte sich daraufhin auf fast 1 Mrd. $. Doch der Hype war nur von kurzer Dauer: Als Nvidias CEO Jensen Huang wenige Tage darauf die Bühne betrat, um die Zukunftsbegeisterung im Bereich Quantencomputing etwas realistischer einzuordnen, sank die Bewertung von Cerence gleich mit.
Wenn man 15 Jahre für sehr nützliche Quantencomputer veranschlagen würde, wäre das wahrscheinlich zu früh.
Nvidia-CEO Jensen Huang bremst auf dem Analystentag am 8. Januar 2025 eine allzu große Zukunftseuphorie.
Der DAX hat sich diese Woche wieder in Richtung seines Rekordhochs von 20.522 Punkten bewegt. Gerüchte in der Wochenmitte über Importzölle der USA durch den zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump bremsten allerdings den Aufstieg.
Hauptsächlich war der Blick des Marktes auf die USA gerichtet. Am Mittwoch veröffentlichte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Protokolle ihrer Sitzung im Dezember. Die Fed signalisierte ein langsames und allmähliches Tempo bei ihren künftigen Leitzinssenkungen und verwies auf die noch anhaltende Inflation über dem Zielwert von 2,0 %, das solide Wirtschaftswachstum und die Unsicherheit über die künftige Fiskalpolitik der Trump-Administration.
Der Arbeitsmarktdienstleister ADP veröffentlichte am Mittwoch seine Daten. In der Privatwirtschaft der USA sind im Dezember zwar 122.000 neue Stellen geschaffen worden, aber es wurde mit mehr neuen Jobs gerechnet. Der Bericht ist für die Geldpolitik der Fed wichtig, denn ein eher weniger robuster Arbeitsmarkt spricht für Zinssenkungen. Am heutigen Freitag gibt es die offiziellen Arbeitsmarktdaten der USA.
Laut Joyce Chang, Vice Chair of Research und Managing Director bei J.P. Morgan, warten viele große Marktteilnehmer aktuell darauf, wie sich Trumps zweite Amtszeit auswirken wird. „Sie hoffen darauf, dass die geplante Deregulierung in den USA die Aktienkurse weiter nach oben treibt", sagte Chang in einem Interview mit der „Börsen Zeitung“. Eine anhaltende Inflationsrate über der Zielmarke und damit höhere Zinsen würden zwar weiteren Kurssteigerung entgegen sprechen, aber es gäbe Aktien, die weniger zinssensitiv seien, und Unternehmen aus dem Bereich künstliche Intelligenz (KI), die trotz ungünstiger Zinsen stark wachsen.
Zu demselben Ergebnis kommt eine Studie von Bridgewater Associates. Das starke Wachstum des US-Aktienmarktes könnte sich dank KI bei Technologie-Werten fortsetzen. Der Erfolg von KI bei großen Tech-Firmen könnte außerdem die Produktivität und die Gewinne von Unternehmen in den verschiedensten Sektoren steigern.
Die Inflationsrate in der Eurozone ist im Dezember zum dritten Monat in Folge gewachsen. Die Verbraucherpreise legten um 2,4 % im Vergleich zum Vorjahresmonat zu. Im November lag die Inflationsrate bei 2,2 % und im Oktober bei 2,0 %. Der nächste Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) steht am 30. Januar an.
Treasuries statt Trump
Aktuell sind alle Augen auf die USA gerichtet. Viele Ökonominnen und Ökonomen gehen davon aus, dass Donald Trumps Agenda – Strafzölle auf ausländische Waren, restriktive Einwanderungspolitik und Steuersenkungen – wieder zu höheren Inflationsraten führen könnte. In einem solchen Umfeld wären Leitzinssenkungen nicht angebracht. Im Gegenteil, die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) müsste in der Regel die Zinsen erhöhen. Aber was Trump tatsächlich in welchem Umfang umsetzt und welche Auswirkungen das hat, ist schwierig abzuschätzen.
Was Anlegende bei allem Fokus auf die US-Politik nicht vergessen dürfen, sind die Anleihenmärkte. Sie sind gemessen am Volumen viel größer als die Aktienmärkte und stehen in Wechselwirkung mit ihnen. Die Rendite der 10-jährigen US-amerikanischen Staatsanleihen (Treasuries) gilt als Referenzsatz für den sogenannten risikofreien Zins, etwa bei der Bewertung von Aktien. Doch was ist tatsächlich passiert? Als die Fed am 18. September 2024 die erste Zinssenkung beschloss, rentierten die 10-jährigen Treasuries mit weniger als 3,7 %. Nun sind wir oberhalb von 4,5 %.
Bei solch einer Wettbewerbssituation von Aktien und Anleihen werden zudem Aktien unattraktiver, je weiter die erwarteten Gewinne der Unternehmen in der Zukunft liegen, was insbesondere für Wachstumsunternehmen gilt. Insofern schauen gerade Growth-Anlegende mit Argusaugen auf die 10-Jahres-Rendite der Treasuries. Die Faustregel ist: Oberhalb von 4,5 % wird es kritisch. Wir sind an den Aktienmärkten also durchaus in einer Phase, die aus dieser Perspektive einen Kipppunkt für die bisherige Aktienrally bringen könnte.
Was sollten Anlegende tun? Bei ETFs wirkt zumindest die breite Streuung risikomindernd. Eine Beimischung von Anleihen-ETFs stellt in der Regel das Depot noch robuster gegen Wertschwankungen an den Aktienmärkten auf. Sogenannte High-Yield-Anleihen, also Papiere von Unternehmen mit schwächerer Bonität, gerne auch Junk Bonds genannt, dienen jedoch als Beimischung für den offensiven Teil des Depots.
Aktuell liegt die Euro-Durchschnittsrendite auf ETF-Basis für High-Yield-Anleihen bei über 5,5 % – und das bei einer angenehm kurzen durchschnittlichen Restlaufzeit von weniger als drei Jahren. Sie sind damit eine Alternative im Risiko-Teil des Portfolios. In Krisensituationen wie etwa im Corona-Crash kann der Markt für High-Yield-Anleihen plötzlich austrocknen, und man kann sie unter Umständen nur zu sehr ungünstigen Preisen verkaufen.
Neuer Podcast von Scalable: „Asset Class – über Wachstum und Werte“
Inspiration, die ins Ohr geht: Wir starten mit „Asset Class – über Wachstum und Werte“ eine neue Podcast-Reihe. Christian W. Röhl, Chief Economist bei Scalable Capital, wird als Host durch die Episoden führen. Gast der ersten Folge ist der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom AG, Timotheus Höttges.
„Asset Class“ widmet sich allem, was Wirtschaft und Vermögen bewegt: clevere Geschäftsmodelle, innovative Technologien, gesellschaftliche Trends und vor allem inspirierende Persönlichkeiten. Zudem taucht Röhl in die Geschichte großer Unternehmen ein: Wie wurde aus einer Vision ein Business? Wie haben sie sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte immer wieder neu erfunden? Und was lässt sich daraus lernen?
Die erste Folge erscheint am 14. Januar um 17 Uhr als Video-Podcast auf Spotify und Youtube sowie als Audio-Format überall, wo es Podcasts gibt. Den Trailer zur ersten Episode sehen Sie schon jetzt in diesem Video.
Beim niederländischen Non-Food-Discounter Action findet man unter anderem Schreibwaren, Deko oder Multimedia-Artikel zu Schnäppchenpreisen. Neben eigenen Marken gibt es auch Markenware im Sortiment. Dort findet man außerdem vieles, was Lebensmittelhändler wie Aldi oder Lidl nur in Aktionswochen zu attraktiven Preisen in ihre Filialen bringen.
Auch aufgrund der allgemeinen Teuerung der vergangenen Jahre gehen immer mehr Käuferschichten auf Schatzsuche beim Discounter. Action hat aktuell 2.750 Filialen in Europa, davon allein 550 in Deutschland. Im Dezember eröffnete im Stadtteil Freimann die erste Filiale in München. Bis 2026 sollen über 1.400 neue Läden in Europa entstehen.
Wie investiert man in Action? Die in London ansässige Private Equity- und Venture Capital-Gesellschaft 3i ist ein Anteilsinhaber von Action. Über Investments in Private-Equity-Gesellschaften ist es möglich, am Erfolg von Unternehmen teilzuhaben, die wie Action nicht an der Börse notiert sind. 3i ist eine etablierte Gesellschaft, die kurz formuliert die Devise „let your winners run“ verfolgt. Action hat im 3i-Portfolio mittlerweile einen Anteil von fast drei Viertel. Das Investment in Action hat sich seit September 2011 für 3i verhundertvierzigfacht. Aktuell hat die Beteiligungsgesellschaft 26 Investitionen aus den Branchen Industrie, Gesundheitspflege, Software und natürlich Händlern laufen. Wer wohl das nächste Action im Portfolio der Beteiligungsgesellschaft wird?
Donald Trump hat immer wieder den menschengemachten Klimawandel hinterfragt und fossile Brennstoffe mit dem Motto „drill, baby, drill“ gestärkt. Die Nutzung fossiler Energieträger wie Öl, Kohle und Gas gilt im Mainstream der Wissenschaft als eine Hauptursache für den Klimawandel. Die meisten Länder in der Welt sind sich einig: Erneuerbare und klimaschonende Energie aus Sonne, Wasser, Wind oder Gezeiten soll sie sukzessive ersetzen, um den weltweiten CO2-Ausstoß zu senken. Auch hat sich Trumps Berater Elon Musk, Gründer und CEO des Elektroautobauers Tesla, in den letzten Jahren für saubere Technologien und erneuerbare Energien eingesetzt. Und Mineralölkonzerne passen ihre Geschäftsmodelle für eine Zukunft mit erneuerbaren Energien bereits an. Das sind drei beliebte ETFs rund um saubere Energie:
Die US-Legende kommt über den großen Teich: Der JPMorgan US Equity Premium Income Active, besser bekannt als JEPI, ist nun auch in Europa handelbar.
Gutes Timing, denn US-amerikanische Aktien performten in den vergangenen fünf Jahren besser als Wertpapiere aus Europa. So ist der breit gestreute S&P-500-Index um über 82 % gestiegen. Über den selben Zeitraum lag die Wertentwicklung des breit gestreuten STOXX Europe 600 bei lediglich rund 22 %. Der JPMorgan US Equity Premium Income Active ist ein aktiv gemanagter ETF auf den S&P 500. Sein Ziel ist es, einen regelmäßigen monatlichen Ertragsstrom aus Dividenden und Optionsprämien zu generieren und dabei die Wertschwankung (Volatilität) geringer als im Referenzindex zu halten.
Das ist auch das Hauptziel des JEPI: regelmäßige Erträge aus Aktien aus dem S&P 500 Index mit geringerer Volatilität zu erzielen. Dazu werden aus dem S&P-500-Universum 200 bis 300 Positionen gehalten – hauptsächlich sogenannte Large Caps, also Unternehmen mit einer großen Marktkapitalisierung. Als jährliche Zielrendite werden 7 bis 9 % angestrebt. Der ETF ist neuerdings als europäischer UCITS-Fonds erhältlich, und zwar als ausschüttende wie auch als thesaurierende Variante.
Quelle: Bloomberg (Stand: 06.01.2025)
Menschen mit Milliarden
Mit dem Handel von Unternehmensaktien machen Anlegende die Firmengründer reich – und vielleicht auch sich selbst. Von Spitzenreiter Tesla-Chef Elon Musk bis Google-Mitgründer Larry Page haben alle Aufgeführten in der Vergangenheit eine große unternehmerische Vision umgesetzt. Sie profitieren allesamt von den immensen Börsenbewertungen der Firmenanteile.
Geht man die Liste bis auf Platz zwölf durch, finden sich Namen wie Microsoft-Gründer Bill Gates, Nvidia-Gründer Jensen Huang oder auch Berkshire-Chef Warren Buffett. Übrigens hat es mit dem Franzosen Bernard Arnault nur ein Nicht-US-Amerikaner unter die Top-12 geschafft – und mit Ex-Microsoft-CEO Steve Ballmer immerhin auch ein Amerikaner, der nicht selbst gegründet hat.
Übrigens: Wer am Wirken dieser Persönlichkeiten beteiligt sein will, kann das u. a. mit dem MSCI AC World ETF tun. In ihm sind allein die Aktien der zwölf Superreichen mit gut 18 % gewichtet.
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Quellen: Scalable and dpa-AFX