Edition #234 | 20.06.2025
Meistgehandelt | Märkte und Makro | Christian W. Röhl | Podcast | Big Tech | ETFs im Fokus
In Krisenzeiten gilt: Stabil bleiben! Derzeit reagieren die Aktienmärkte noch relativ gelassen auf den neu entbrannten militärischen Konflikt zwischen Israel und dem Iran. Das könnte sich ändern, wenn US-Präsident Donald Trump nach seiner zweiwöchigen Bedenkzeit nicht mehr nur an der Seitenlinie stehen, sondern mitmischen will. Unser Chief Economist Christian W. Röhl ordnet ein, was die Eskalation in Nahost für die Weltwirtschaft bedeutet. Außerdem: Der Kampf um die Vorherrschaft im KI-Bereich und Edelmetalle aus Papier für krisenhafte Zeiten. Los geht es aber mit stabilen Münzen, die dem Dollar wieder zu altem Glanz verhelfen sollen.
Hinweis: Die Angaben beziehen sich auf das Verhältnis von Käufen und Verkäufen der 100 meistgehandelten Aktien im Scalable Broker zwischen dem 13.06.2025 und 19.06.2025.
Donald Trump will nicht nur Amerika, sondern auch den US-Dollar wieder groß machen. Um der Weltreservewährung noch mehr Bedeutung zu verleihen, setzt der US-Präsident auch auf sogenannte Stablecoins. Dabei handelt es sich um Kryptowährungen, die mit einer traditionellen Währung wie dem US-Dollar hinterlegt und auf diese Weise an sie gekoppelt sind.
Der große Vorteil: Stablecoins lassen das langsame traditionelle Bankensystem links liegen und ermöglichen so schnelle und günstige Finanztransaktionen auf der ganzen Welt. Milliarden von Menschen, die bisher überhaupt keinen Zugang zum globalen Finanzsystem hatten, erhalten durch Stablecoins indirekt Zugriff auf den US-Dollar. 2024 wurden bereits Stablecoins im Wert von insgesamt 27,6 Bio. $ gehandelt – mehr als alle Transaktionen von Visa und Mastercard zusammen.
Am Mittwoch nahm Trumps Krypto-Offensive die nächste Hürde: Der US-Senat stimmte einem Gesetzesentwurf zu, der die Ausgabe von Stablecoins unter strengen Auflagen regelt. Insbesondere Unternehmen, die bereits einen Stablecoin im Angebot haben, dürften durch einen einheitlichen Rechtsrahmen Planungssicherheit erhalten. Einer dieser Anbieter ist die Circle Internet Group, die erst Anfang Juni an die Börse gegangen war und mittlerweile eine Marktkapitalisierung von mehr als 28 Mrd. € aufweist. Circle hat gemeinsam mit der Kryptobörse Coinbase den Stablecoin USDC herausgebracht. Die Aktienkurse beider Unternehmen zogen am Mittwoch deutlich an.
Jerome Powell stellt Donald Trumps Geduld weiter auf die Probe. Auch am Mittwoch hatte der Chef der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wieder keine Leitzinssenkung im Gepäck – wie von den Märkten bereits erwartet. Für das restliche Jahr geht Powell weiterhin von zwei Leitzinssenkungen um jeweils 0,25 Prozentpunkte aus. Seit Dezember vergangenen Jahres bewegt sich der US-Leitzins in der Spanne von 4,25 bis 4,5 %.
Womöglich könnte das Hoffen des US-Präsidenten auch im Juli enttäuscht werden. Die Märkte rechnen nämlich damit, dass die Fed erst im September die nächste Zinssenkung einleiten wird. Und das, obwohl die US-Inflationsrate seit Jahresbeginn nicht mehr nennenswert gestiegen ist und auch die US-Konjunktur zunehmend Schwäche signalisiert: Im Mai waren die US-Einzelhandelsumsätze beispielsweise um 0,9 % im Vergleich zum Vorjahresmonat zurückgegangen. Die Märkte hatten nur einen Rückgang um 0,7 % erwartet.
Trump könnte aber auch vorher der Geduldsfaden reißen. Der US-Präsident hatte zuletzt zwar versichert, Powell nicht vorzeitig abzuberufen, es gibt jedoch Mittel und Wege, trotzdem auf die US-Geldpolitik einzuwirken. Seit Wochen hält sich beispielsweise das Gerücht, Trump könnte Powells Nachfolger schon bald nominieren, obwohl dessen Amtszeit erst im Mai 2026 endet. Dieser Schatten-Notenbankchef könnte den Märkten dann einen Eindruck geben, wie sich die Fed unter einem Vorsitzenden von Trumps Gnaden positionieren würde.
Livestream
Trumps Zölle, Rambo-Zambo-Politik und Europas Aktien-Renaissance. Dr. Henning Stein, langjähriger Chef-Investmentstratege von Invesco, und Christian W. Röhl ziehen nach ereignisreichen sechs Monaten eine erste Bilanz. Und Sie können live dabei sein. Am kommenden Montag um 19:30 Uhr beginnt der Livestream auf YouTube.
Ich glaube nicht, dass Trump weiß, was er tun soll. [...] Er ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, den Friedensnobelpreis zu gewinnen, und dem Drang, mit im Zentrum der Bühne zu stehen, wenn die Israelis einen großen Sieg erringen.
John Bolton, der frühere Sicherheitsberater von US-Präsident Trump, im Interview mit dem „Handelsblatt“
Mit den israelischen Präventivschlägen gegen iranische Nuklearanlagen hat der seit Jahren schwelende Konflikt um das Atomprogramm der Mullahs eine neue Eskalationsstufe erreicht. Eine nicht zuletzt von US-Präsident Donald Trump bevorzugte Verhandlungslösung scheint zunächst außer Reichweite. Stattdessen wird zunehmend über ein militärisches Engagement der USA spekuliert, weil die unterirdischen Anlagen in Natans und Fordo sich wohl nur mit bunkerbrechenden Bomben neutralisieren lassen, über die Israel nicht verfügt. Hinzu kommt das Szenario eines Regimewechsels in Teheran – und damit eines generellen Umbruchs im Machtgefüge der Region.
Während die Ölpreise umgehend reagierten und seit Beginn der Operation „Rising Lion“ rund 15 % zugelegt haben, zeigen die Aktienbörsen sich bislang robust – zumal Öl noch immer günstiger ist als zu Jahresbeginn. Das würde sich allerdings schlagartig ändern, falls das Ajatollah-Regime den Schiffsverkehr über die Straße von Hormus lahmlegte. Über die an ihrer schmalsten Stelle nur wenige Kilometer breite Meerenge zwischen Iran und Oman läuft rund ein Fünftel der globalen Energie-Lieferströme. Eine Blockade würde Europa und Asien ungleich stärker treffen als die USA, die ihre Abhängigkeit von Öl-Importen aus dem arabischen Raum in den vergangenen Jahren kontinuierlich reduziert haben.
Historische Parallelen zum Jom-Kippur-Krieg 1973, der die erste globale Rezession der Nachkriegszeit ausgelöst hat, oder zum irakischen Einmarsch in Kuwait 1990, als etwa der deutsche Leitindex DAX zeitweise um 30 % eingebrochen ist, sind deshalb schwierig. Die Risiken der jüngsten Eskalation für die durch die Zollpolitik des Weißen Hauses ohnehin fragile Weltkonjunktur stehen indes außer Frage. Gleichzeitig hat die Situation im Nahen Osten das Potential, eine politische Kurskorrektur in den USA einzuleiten: Die Frage nach der Unterstützung für Israel könnte die traditionellen Kräfte innerhalb der Republikanischen Partei mobilisieren, sich endlich der isolationistischen MAGA-Bewegung entgegenzustellen – und möglicherweise reift innerhalb der Trump-Administration dann ja auch die Erkenntnis, dass es in dieser geopolitischen Situation erst recht keine gute Idee ist, einen Handelskrieg gegen den Rest der Welt vom Zaun zu brechen.
Vermögensaufbau und Altersvorsorge lieber mit ETFs, Rentenversicherung oder beides? Im Jahr 2024 zählte Deutschland 9,5 Millionen ETF-Sparpläne und 46 Millionen private Rentenversicherungsverträge.
In der neuesten Ausgabe unseres Podcasts diskutieren Christian W. Röhl und „Versicherungen mit Kopf”-Gründer Bastian Kunkel über die Vor- und Nachteile dieser Finanzprodukte: Warum sind Versicherungsprodukte so intransparent? Welche Kosten fallen an? Wie sieht es mit der Rendite aus? Wo habe ich steuerliche Vorteile? Was, wenn ich sehr alt werde?
Hier geht es zum Video auf YouTube – außerdem ist die Episode natürlich überall zu hören, wo es Podcasts gibt.
Mark Zuckerberg bietet einzelnen KI-Entwicklern bis zu 100 Mio. $ und hofft so, Talente für sein Superintelligence-Team zu gewinnen. Im Podcast „Uncapped“ erzählte OpenAI-CEO Sam Altman seinem Bruder Jack von der enormen Summe, die Mark Zuckerberg bereit sei, als Ablöse für OpenAI-Beschäftigte zu zahlen. Und er lässt noch etwas tiefer blicken: Die jährlichen Gehälter sollen diese Einmalzahlung sogar übersteigen.
Neu ist diese Entwicklung allerdings nicht. Vor kurzem zahlte Meta bereits 14,3 Mrd. $ für 49 % der Anteile an Scale AI. Damit holt sich der Tech-Gigant das Know-how der KI-Firma und die Expertise von Mitgründer und CEO Alexandr Wang an Bord.
Für OpenAI sind Zuckerbergs Ambitionen jedoch nicht die einzige Herausforderung. In den laufenden Partnerschaftsgesprächen mit Microsoft hält sich der ChatGPT-Entwickler eine „nukleare Option“ offen und erwägt eine Klage wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens. Immer wieder sickern brisante Details zu Problemen aus den laufenden Gesprächen durch. Streitpunkte gibt es offenbar beispielsweise bei der Höhe der Microsoft-Anteile an OpenAI. Beide Seiten betonen aber, dass der Dialog weiterhin optimistisch und konstruktiv geführt wird.
Amazon Web Services (AWS) startet derweil einen Angriff auf die Vormachtstellung von NVIDIA. Der AWS Graviton4-Chip soll nach dem nächsten Update eine Geschwindigkeit von 600 Gigabit pro Sekunde haben – was das schnellste Angebot in Sachen Public Cloud wäre.
Der auf der AWS-Konferenz re:Invent im Dezember 2024 angekündigte KI-Supercomputer für das Startup Anthropic läuft nun auf einer halben Million Trainium2-Chips von AWS. Das sogenannte Project Rainier kostete die Amazon-Tochter bisher 8 Mrd. $. Normalerweise wäre ein solches Projekt an NVIDIA gegangen.
Die Trainium2-Chips sind bereits jetzt kosteneffizienter als NVIDIAs leistungsstärkste Blackwell-Chips. Und die nächste Generation steht bereits in den Startlöchern. Trainium3 soll noch in diesem Jahr erscheinen und verspricht eine Verdopplung der Performance bei gleichzeitiger Halbierung des Energieverbrauchs. Damit scheinen die Ziele von AWS, die KI-Trainingskosten zu senken und NVIDIA die Stirn zu bieten, in greifbare Nähe zu rücken.
„Je jünger Sie sind und je cooler Sie sind, desto weniger brauchen Sie Gold“, sagte der Verhaltensökonom Hartmut Walz vor einem Jahr im Interview mit justETF. Was meint er damit? Gold kann Stabilität in aktienlastige Portfolios bringen – es glättet das Auf und Ab an den Börsen ein wenig. Wer noch sehr jung ist und deshalb einen langen Anlagehorizont hat oder gelassen auf Börsenschwankungen reagiert, könne deshalb auf ein Investment in Gold verzichten, so Walz.
Aktuell stellen geopolitische Krisenherde weltweit und ein schwelender Handelskrieg zwischen den Weltmächten USA und China diese Gelassenheit auf die Probe. Wenn Sie mit Sorge auf diese Entwicklungen blicken, könnte eine Prise Gold im Depot interessant für Sie und Ihre Nerven sein. Gerade in Krisensituationen läuft Gold nämlich häufig zur Hochform auf – in den krisenreichen vergangenen fünf Jahren hat sich der Goldpreis ungefähr verdoppelt.
In Gold oder andere Edelmetalle können Sie im Scalable Broker mithilfe sogenannter Exchange Traded Commodities (ETCs) wie zum Beispiel dem Invesco Physical Gold investieren. ETCs bilden die Wertentwicklung eines Rohstoffs oder eines ganzen Rohstoffkorbs ab. Insbesondere Edelmetalle wie Gold, Silber oder Platin sind dabei häufig mit dem jeweiligen Rohstoff hinterlegt.
Eine weitere Möglichkeit, Ihr Depot krisenfester zu machen: Goldminen-ETFs wie der Amundi NYSE Arca Gold Bugs. Diese ETFs investieren in die Unternehmen, die als erste von steigenden Goldpreisen profitieren und bei hoher Nachfrage die Fördermengen anpassen können. Im vergangenen Jahr hat die Branche insgesamt 3.661 Tonnen Gold produziert – so viel wie noch nie zuvor.
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Wir sind auf die Straße gegangen, um herauszufinden, wie Eltern für ihren Nachwuchs vorsorgen. Gibt es Interesse an einem Vorsorgeprodukt für Kinder? Was machen Eltern in Berlin bereits jetzt für ihre Kleinen? Und welche Sorgen haben sie? Das alles erfahren Sie in diesem YouTube-Video.
Das Investieren mit ETFs ist eher ein Marathon als ein kurzer Sprint. Welche fünf Punkte für den Einstieg am wichtigsten sind, erklärt Ross Finlayson von Amundi auf unserem Blog.
Quellen: Scalable and dpa-AFX