Mit diesen Schlagzeilen lagen Magazine gründlich schief

6. Februar 2020  |  Nicolas Zeitler
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Ein uneinholbarer finnischer Handyhersteller? Ein Computerkonzern mit Apfel-Logo kurz vor dem Aus? „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“, soll Mark Twain gesagt haben. Diese Vorhersagen zeigen, wie recht er hatte.

Bis es ein Anlagetrend aufs Titelblatt einer Publikumszeitschrift schafft, ist er so gut wie passé. Das behauptete der mittlerweile verstorbene amerikanische Vermögensverwalter Paul Macrae Montgomery, der vor mehr als 30 Jahren den „Time Magazine Cover Indicator“ erfand. Seine These wurde seither wiederholt überprüft, auch für Wirtschaftspublikationen. Analysten der Citibank etwa kamen vor drei Jahren zu dem Ergebnis, dass sich die Behauptungen auf 44 Titelblättern des Economist innerhalb eines Jahres nach Erscheinen zu zwei Dritteln als falsch herausgestellt hätten. Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman hatte also offenbar nicht ganz unrecht, als er sagte: „Wen die Götter zerstören wollen, den setzen sie vorher auf den Titel der BusinessWeek.“

Vor 40 Jahren rief die BusinessWeek den „Tod der Aktien“ aus. „Wie die Inflation die Börse zerstört“, lautete die Unterzeile der Titelgeschichte von Mitte August 1979. Tatsächlich lag die Inflationsrate in den USA in jenem Jahr bei mehr als elf Prozent. Eine hohe Teuerungsrate steigere die Kosten für die meisten Unternehmen schneller, als diese selbst die Preise erhöhen könnten. Sinkende Gewinne und somit auch Aktienkurse seien die Folge, so eines der Argumente des Magazins. Gleichwohl: Den Aktienmarkt gibt es trotz zwischenzeitlicher Krisen immer noch. Die Bloomberg Businessweek griff den Artikel vergangenen Sommer auf und räumte ein, dass er aus heutiger Sicht „irgendwie peinlich“ sei. Der US-Aktienindex S&P 500 hat seither inklusive Dividenden eine Gesamtrendite von mehr als 9.000 Prozent erzielt. „Nicht schlecht für eine Leiche“, witzelte Redakteur Peter Coy.

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(Quelle: Bloomberg Businessweek)
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(Quelle: flickr.com/photos/maebmij)

Anfang Februar 1996 lehnte sich die BusinessWeek erneut aus dem Fenster: „Der Sturz einer amerikanischen Ikone“ titelte das Magazin unter dem Logo von Apple. Der Hersteller der Macintosh-Computer stand damals mit dem Rücken zur Wand: Microsofts Betriebssystem Windows 95 boomte, bei Apple gingen die PC-Verkäufe zurück. Medien kritisierten eine unklare Vision und schlechte Börsendaten. Das war noch vor der Rückkehr von Steve Jobs zu dem von ihm mitgegründeten Unternehmen und der Einführung von iPhone und iPad. Als Apple Anfang August 2018 als erstes US-Unternehmen die Marke von einer Billion US-Dollar Börsenwert überschritt, bewies die Redaktion Selbstironie und veröffentlichte ein Foto der zwölf Jahre alten Titelseite auf Twitter, begleitet von einem knappen „LOL“ – der englischen Kurzform für „lautes Auflachen“. Der Börsenwert von Apple fiel zwischenzeitlich wieder unter eine Billion, liegt derzeit aber deutlich darüber. Apple ist heute das zweitgrößte börsennotierte Unternehmen der Welt, hinter dem Ölkonzern Saudi Aramco.

Zweieinhalb Jahre vor dem Jahrtausendwechsel warnte Newsweek, Neujahr 2000 drohe der Tag zu werden, „an dem die Welt abstürzt“. Die Schlagzeile von Juni 1997 spielte auf das Jahr-2000-Problem bei Computern an: Weil die Jahreszahl bei Datumsangaben einst nur zweistellig programmiert worden war, würden beim Umspringen aufs Jahr „00“ Fehler bei Funktionen auftreten, die von korrekten Zeitangaben abhängig sind. Newsweek war nicht das einzige Medium, das drastische Folgen für möglich hielt. Die Schreckensszenarien reichten von Störungen im Flugverkehr über den Zusammenbruch von Telekommunikationsnetzen bis hin zum versehentlichen Abschuss von Atomraketen. Letztlich kam es nur zu vergleichsweise harmlosen Pannen und die Warner standen als Panikmacher da. Allerdings hatte wohl solide Vorbereitung durch IT-Industrie und Behörden Schlimmeres verhindert. Und die kostete laut dem Marktforscher IDC weltweit geschätzt 320 Milliarden US-Dollar. Somit verursachte das Jahr-2000-Problem letztlich hohe Kosten vor dem Jahreswechsel.

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(Quelle: facebook.com/unmaskedhistory)
CoverStories Forbes
(Quelle: twitter.com/marcuskehrle)

„Eine Milliarde Kunden – kann irgendjemand den König der Mobiltelefone aufhalten?“ titelte Forbes Mitte November 2007. Das iPhone von Apple war damals in den USA schon seit viereinhalb Monaten auf dem Markt. Mit dem Aufstieg per Touchscreen bedienbarer Smartphones erwies sich Nokias Betriebssystem Symbian als nicht mehr wettbewerbsfähig. 2014 übernahm Microsoft die Handysparte der Finnen, die Marke Nokia verschwand vom Mobiltelefonmarkt. Heute steht auf dem Smartphone-Markt Samsung mit einem Anteil von 21 Prozent an der Spitze, gefolgt von Huawei mit 18 Prozent. Apple folgt mit zwölf Prozent an dritter Stelle. Seit 2017 bietet das finnische Unternehmen HMD Global unter dem Markennamen Nokia wieder Smartphones und klassische Handys an. Der Weltmarktanteil bei Smartphones liegt bei einem Prozent.

Das Anlegermagazin Focus Money versah die Prognose auf seinem Titelblatt aus dem August 2012 sogar mit einem konkreten Datum: Innerhalb von eineinhalb Jahren sollte der Euro auseinanderbrechen. Unter Berufung auf einen „über lange Jahre einflussreichen Politiker aus dem Regierungslager“ kam das Magazin zu der Einschätzung, dass nach einem Austritt Griechenlands und weiterer Peripherieländer auch starke Euro-Staaten wie Deutschland oder Frankreich der Gemeinschaftswährung den Rücken kehren würden. Je konkreter die Prognose, desto größer die Gefahr, danebenzuliegen: Mehr als sieben Jahre nach Erscheinen des Heftes gibt es den Euro immer noch.

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(Quelle: Focus Money)
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(Quelle: Wirtschaftswoche)

Im September 2012 stellte das Börsenmagazin Der Aktionär einen starken Anstieg des DAX in Aussicht. Anders als die Kollegen von Focus Money mit ihrem Euro-Titel versah die Redaktion die Prognose nicht mit einem konkreten Datum. Sieben Jahre später lässt sich festhalten: Hinter uns liegt ein starkes Jahrzehnt für Aktien, der DAX hat allein im Jahr 2019 um mehr als 25 Prozent zugelegt – doch selbst mit seinem bisherigen Rekordhoch von 13.640 Punkten aus dem diesjährigen Januar ist er von der Zielmarke 20.000 noch weit entfernt.

„Facebook ist 15 Dollar wert“, überschrieb das US-Anlegermagazin Barron’s am 24. September 2012 seine Titelgeschichte. Die Botschaft: Die Aktie, die zu jener Zeit um 23 US-Dollar kostete, seit deutlich überbewertet. Das erst vier Monate zuvor mit einem Aktienkurs von 42 US-Dollar an der Börse gestartete soziale Netzwerk habe den Umstieg seiner Nutzer auf mobile Geräte verschlafen und tue sich schwer, über seine Apps dieselben Werbeumsätze zu erzielen wie mit der Nutzung auf dem PC. Am Tag, als der Artikel erschien, sank der Aktienkurs von Facebook bis Börsenschluss um fünf Prozent. Von heute aus betrachtet hat sich die Barron’s-Einschätzung nicht bewahrheitet. Eine Aktie von Facebook kostet mittlerweile um die 200 US-Dollar. Das soziale Netzwerk steigerte seine Werbeerlöse zuletzt deutlich und steht mit rund 600 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung auf Rang sechs der wertvollsten börsennotierten Unternehmen weltweit.

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(Quelle: Barron’s)
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(Quelle: Time)

Gleich zweimal sah das Magazin Time Donald Trump im Wahljahr 2016 vor der „Kernschmelze“: am 22. August und am 24. Oktober. Trump hatte wenige Tage vorher mit Äußerungen, das US-Wahlsystem sei manipuliert, selbst innerhalb der eigenen Partei Widerspruch ausgelöst. Und kurz zuvor war ein Gesprächsmitschnitt aufgetaucht, auf dem er sich abwertend gegenüber Frauen äußerte. Gleichwohl gewann er nur zwei Wochen später die Wahl gegen Hillary Clinton.

Als besseres Orakel erwies sich hingegen die Zeichentrick-Serie Simpsons, die schon im März 2000 Trumps Präsidentschaft vorausgeahnt hatte. Lisa Simpson als frischgebackene US-Präsidentin sprach damals davon, dass ihr Vorgänger Donald Trump das Land in großen finanziellen Schwierigkeiten hinterlassen habe. Trump selbst tauchte in dieser Folge nicht auf. Die Macher der Serie zeigten ihn aber in einer Simpsons-Folge im Jahr 2015 als Präsidentschaftskandidaten.

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(Quelle: morgenpost.de/fox tv)

Bild: Charisse Kenion, unsplash.com

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Nicolas Zeitler
Team Lead Editorial (Ehemals)
Nicolas hat sich als Redakteur auf die Themen Finanzen und Digitales spezialisiert. Bevor er 2019 zu Scalable Capital kam, leitete er die Finanzredaktion beim Vergleichsportal Check24. Erste journalistische Sporen verdiente er sich beim Münchner Merkur. Anschließend arbeitete er für das IT-Wirtschaftsmagazin CIO und die Agenturen Grasundsterne und Fischerappelt. Nicolas hat Politikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert.