Zinseszins: Die Crux mit der Exponentialfunktion

13. Juli 2018  |  Tobias Aigner
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Die stärkste Kraft beim Geldanlegen steckt im Zinseszins.
Doch weil exponentielles Wachstum so schwer vorstellbar ist, wird er fast immer unterschätzt.

Aktualisiert am 23. Oktober 2023

Sie wollen ein Vermögen ansparen? Dann hilft es, die Legende von der Erfindung des Schachspiels zu kennen. Sie geht so: Der weise Brahmane Sissa erfand ein Spiel – Schach – und schenkte es dem tyrannischen Herrscher Shihram. Der war davon so beeindruckt, dass er Sissa einen Wunsch gewährte. Der Brahmane wünschte sich Weizenkörner: eines auf dem ersten Feld des Schachbretts, zwei auf dem zweiten, vier auf dem dritten und so weiter – auf jedem Feld sollte die Anzahl der Körner verdoppelt werden.

Shihram war halb belustigt, halb verärgert über den bescheiden wirkenden Sissa, willigte aber ein. Doch er hatte die Rechnung ohne die Exponentialfunktion gemacht. Die benötigte Getreidemenge war in seinem ganzen Reich nicht aufzutreiben. Für alle 64 Felder des Schachbretts errechnet sich eine Summe von mehr als 18 Trillionen Körnern – das macht etwa eine Billiarde Kilo Weizen.

Shihrams Irrtum ist menschlich. Unser Gehirn tut sich einfach schwer, einen exponentiellen Anstieg richtig zu erfassen. Das Problem dabei: Auch in der Geldanlage wirkt sich diese Schwäche oft negativ aus. Denn fast jeder unterschätzt den Zinseszinseffekt, der ebenfalls für exponentielles Wachstum sorgt, da die einmal erzielten Erträge über viele Jahre wieder neue Erträge erwirtschaften, wenn sie reinvestiert werden. Dabei entfaltet das Wachstum umso mehr Wucht, je länger man investiert ist. Weil sich das kaum jemand bewusst macht, beginnen die meisten mit dem Vermögensaufbau viel zu spät. Ein Beispiel zeigt, wozu das führt.

Zinseszins: Je länger, desto wirkungsvoller

Vermögensentwicklung 1) (in Euro) bei 2.500 Euro Anlagesumme, 40 Jahren Laufzeit und 6,44 Prozent durchschnittlicher Rendite pro Jahr 2)

Vermögensentwicklung (in Euro) bei 2.500 Euro Anlagesumme, 40 Jahren Laufzeit und 6,44 Prozent durchschnittlicher Rendite pro Jahr

1) vor Steuern; 2) entspricht der Durchschnittsrendite des iShares STOXX Europe 600 UCITS ETF von 13.02.2004 - 31.08.2023; Hinweis: Weder vergangene Wertentwicklungen noch Prognosen haben eine verlässliche Aussagekraft über zukünftige Wertentwicklungen.

Wer 2.500 Euro über 40 Jahre anlegt und im Schnitt jährlich 6,44 Prozent Rendite einstreicht, hat am Ende mehr als 30.000 Euro auf der hohen Kante. Wer dagegen nur zehn Jahre Zeit zum Investieren hat, muss sich mit etwa 4.700 Euro begnügen. Oder anders gerechnet: Wer in nur zehn Jahren bei identischer Rendite auf die gleiche Endsumme von 30.000 Euro kommen will, muss schon fast 16.000 Euro anlegen. Sollten Sie also davon ausgehen, dass Sie mit der Altersvorsorge noch Zeit bis nächstes oder übernächstes Jahr haben, dann lohnt es sich vielleicht, an Shihram und Sissa zu denken.

Risikohinweis – Die Kapitalanlage ist mit Risiken verbunden und kann zum Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Weder vergangene Wertentwicklungen noch Prognosen haben eine verlässliche Aussagekraft über zukünftige Wertentwicklungen. Wir erbringen keine Anlage-, Rechts- und/oder Steuerberatung. Sollte diese Website Informationen über den Kapitalmarkt, Finanzinstrumente und/oder sonstige für die Kapitalanlage relevante Themen enthalten, so dienen diese Informationen ausschließlich der allgemeinen Erläuterung der von Unternehmen unserer Unternehmensgruppe erbrachten Wertpapierdienstleistungen. Bitte lesen Sie auch unsere Risikohinweise und Nutzungsbedingungen.

 

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Tobias Aigner
Tobias Aigner
EDITOR IN CHIEF (Ehemals)
Tobias ist Finanz- und Wirtschaftsjournalist mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung. Zuletzt arbeitete er als leitender Redakteur für das Wirtschaftsmagazin €uro. Zuvor war er für Capital, Börse Online, die Financial Times Deutschland und die Süddeutsche Zeitung tätig. In seinen Kommentaren, Analysen und Features setzte er sich vor allem mit den Themen Börse, Risikomanagement und regelbasierte Anlagemodelle auseinander. Tobias hat Physik an der TU München studiert.