In wie vielen Jahren verdoppelt sich meine Investition?

14. Juni 2019  |  Nicolas Zeitler
72er regel 1900
Das hängt natürlich ganz vom Markt ab. Eine bestimmte jährliche Rendite angenommen, lässt sich das aber leicht näherungsweise ausrechnen – mit der 72er-Regel.

Wer für den Vermögensaufbau Geld anlegt, will, dass sich die investierte Summe vermehrt. Doch wie schnell geht das? Wenn Sie sich schon einmal gefragt haben, innerhalb welcher Zeit sich der anfängliche Betrag verdoppelt: Mit der 72er-Regel lässt sich das leicht ausrechnen.

Eine Investition in den DAX hat in den vergangenen 30 Jahren im Durchschnitt jährlich 7,2 Prozent Rendite gebracht. Was, wenn es die nächsten Jahre so weitergeht? Dann würden aus 10.000 Euro in einem Jahr 10.720 Euro, in zwei Jahren 11.491,84 Euro und so weiter. Man kann die Rechnung noch mehrmals wiederholen, bis das Ergebnis 20.000 Euro übersteigt. Schneller ist die Frage mit der 72er-Regel beantwortet.

Was die 72er-Regel aussagt

Die 72er-Regel ist eine Faustformel, mit der sich schnell in etwa bestimmen lässt, innerhalb wie vieler Jahre sich ein Geldbetrag bei einer gleichbleibenden jährlichen Rendite verdoppelt. Teile ich 72 durch die jährliche Rendite meiner Geldanlage, ist das Ergebnis die Zahl der Jahre, die mein Kapital bis zur Verdopplung braucht. Als Formel:

n=72rn =
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frac{72}{r}
, wobei n für die gesuchte Zahl an Jahren und r für die Rendite steht.

Für den eingangs geschilderten Fall bedeutet das: 727,2=10
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frac{72}{7,2} = 10
. Entwickelt sich der DAX also weiter wie die letzten 30 Jahre, werden aus 10.000 Euro in zehn Jahren rund 20.000 Euro.

Die Formel lässt sich auch so auflösen, dass sie angibt, welche jährliche Rendite ich brauche, um mein Geld in der vorgegebenen Zeit zu verdoppeln. Angenommen, ich möchte mein Geld schon in acht Jahren verdoppeln. Dann rechne ich: 728=9
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frac{72}{8} = 9
.

Das ist schon eine etwas sportlichere Rendite-Anforderung, aber in guten Jahren nicht unrealistisch.

Wir sind in unserem Rechenbeispiel davon ausgegangen, dass ein Anleger in den DAX investiert. Doch wie lange würde es bis zur Verdopplung dauern, wenn das Geld nicht am Kapitalmarkt, sondern auf einem Tagesgeldkonto angelegt wäre? Laut Bundesbank lag der durchschnittliche Zinssatz für täglich fällige Einlagen zuletzt bei 0,01 Prozent. Mit der 72er-Regel ist schnell ausgerechnet, dass bei dieser Verzinsung kein Sparer die Verdopplung seines Anlagebetrages erleben würde. Bis dahin würde es nämlich 7.200 Jahre dauern. Das macht deutlich: Sparprodukte eignen sich als schnell verfügbare Anlageform für den Notgroschen, für den nachhaltigen Vermögensaufbau taugen sie nicht.

So funktioniert die 72er-Regel

Grundlage der 72er-Regel ist die Zinseszinsformel. Wir gehen also davon aus, dass ich meine Erträge jedes Jahr wieder reinvestiere. Für 10.000 Euro, die sich verdoppeln sollen, sieht die Formel so aus:

10.000×(1+r100)n=20.00010.000 €
times (1 +
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frac{r}{100})^n = 20.000 €

Zunächst teilen wir durch 10.000 €, wonach die Gleichung so aussieht:

(1+r100)n=2(1 +
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frac{r}{100})^n = 2

Um die Hochzahl nn herunterzuholen, logarithmieren wir beide Seiten:

n×ln(1+r100)=ln(2)n
times
ln{(1 +
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frac{r}{100})} =
ln{(2)}

Wir lösen nach nn auf:

n=ln(2)ln(1+r100)n =
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frac{
ln{(2)}}{
ln{(1 +
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frac{r}{100})}}

Jetzt setzen wir die aus unserem Beispiel bekannte Rendite für rr ein. Dann ergibt sich:

ln(2)ln(1,072)=9,97
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frac{
ln{(2)}}{
ln{(1,072)}} = 9,97

An dieser Stelle können wir vereinfachen. Denn wenn 1+r1001 +
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frac{r}{100}
nahe bei 1 ist, ergibt ln(1+r100)
ln{(1 +
textstyle
frac{r}{100})}
ungefähr r100
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frac{r}{100}
. Als Nenner des Bruches können wir also näherungsweise r100
textstyle
frac{r}{100}
einsetzen.

Rechnen wir nun mit dem Taschenrechner den Zähler aus, nämlich ln(2)
ln{(2)}
, erhalten wir als Ergebnis: 0,69.

Wir können somit beispielsweise für eine jährliche Rendite von sieben Prozent rechnen: 0,697100
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frac{0,69}{
frac{7}{100}}
oder 697=9,86
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frac{69}{7} = 9,86
– also etwa zehn Jahre.

Doch Moment, warum 69? Die mathematische Herleitung zeigt, dass die 72er-Regel streng genommen eher die 69er-Regel ist. Auf 72 angepasst wurde sie für den Alltagsgebrauch. 72 lässt sich im Kopf sehr einfach durch ganze und in der praktischen Anwendung relevante Zahlen teilen. Denn 72=23×3272 = 2^3
times 3^2
, so dass die Faustformel für ganzzahlige Renditen wie 1, 2, 3, 4, 6, 8 oder 9 Prozent einfach anwendbar ist.

Ist die 72er-Regel genau genug?

Die 72er-Regel ist also über den Umweg entstanden, dass die mathematisch hergeleitete 69er-Regel für den einfacheren Gebrauch angepasst wurde. Ob die 72er-Regel genau genug ist, lässt sich mit unterschiedlichen Werten für die jährliche Rendite nachprüfen.

Für unser Eingangsbeispiel:

10.000×1,07210=20.042,3110.000 €
times 1,072^{10} = 20.042,31 €

Rechnen wir noch die Verdopplung innerhalb von acht Jahren bei neun Prozent jährlicher Rendite aus, ergibt sich:

10.000×1,098=19.925,6310.000 €
times 1,09^8 = 19.925,63 €

Das ist schon etwas ungenauer. Für eine grobe Schätzung reicht aber auch das aus. Wer ausgehend von der Marktentwicklung der vergangenen Jahre grob überschlagen will, in welcher Zeit sich seine Geldanlage verdoppelt, der ist mit der 72er-Regel gut bedient.

Übrigens: Die Formel funktioniert auch, wenn Sie wissen wollen, wie lange es dauert, bis die Inflation die Kaufkraft Ihres Geldes halbiert hat. Teilen Sie einfach 72 durch die Inflationsrate.

Bild: Zukiman Mohamad, pexels.com

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Nicolas Zeitler
Team Lead Editorial (Ehemals)
Nicolas hat sich als Redakteur auf die Themen Finanzen und Digitales spezialisiert. Bevor er 2019 zu Scalable Capital kam, leitete er die Finanzredaktion beim Vergleichsportal Check24. Erste journalistische Sporen verdiente er sich beim Münchner Merkur. Anschließend arbeitete er für das IT-Wirtschaftsmagazin CIO und die Agenturen Grasundsterne und Fischerappelt. Nicolas hat Politikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert.